Der ungehobene Schatz – schneller Regionalverkehr innerhalb Berlins
Bildrechte Kartenmaterial: BVG (Berliner Verkehrsbetriebe)
Berlin hat zwar ein sehr gutes und weit ausgebautes Schnellbahnnetz. Es besteht jedoch das Problem, dass bei Entfernungen, die über einige U- oder S-Bahnstationen deutlich hinausgehen, die Reisegeschwindigkeiten unattraktiv werden. Diese Erfahrung wird von jedem geteilt, der zum Beispiel zwischen Alexanderplatz und Wannsee unterwegs ist und deshalb nach Möglichkeit auf den Regionalexpress ausweicht, weil der Zeitvorteil deutlich ist. Dabei ist diese Erfahrung nicht nur auf reguläre Verbindungen begrenzt. Wenn zum Beispiel durch Baumaßnahmen auf der Stadtbahn dort verkehrende Regionalexpress-Linien über andere Strecken im Stadtgebiet geführt werden, dann wird dies auch binnen kurzen von Fahrgästen auf genau diesen Relationen auch temporär angenommen.
Für solche größeren Entfernungen innerhalb des Stadtgebietes würde man neue Schnellbahnstrecken benötigen. Doch ist Bau neuer U-Bahnstrecken aus Sicht der Autoren sehr unrealistisch. Wie dargestellt wird es ausschließlich auf Verlängerung bestehender Strecken hinauslaufen. Im Bereich des Berliner S-Bahn-Netzes sind solche neuen Strecken auch wenig realistisch. Diese Strecken müssten irgendwo auf die Innenstadtstrecken zu laufen, die jetzt schon am Rande der Überlastung sind. Daher sollten solche Strecken realistischerweise auf den Fernbahngleisen verlaufen, so wie es der Regionalverkehr auch tut.
Jedoch sind der Fernbahntunnel und die nördliche Berliner Ringbahn bereits jetzt überlastete Strecken. Weitere Regionalbahnlinien sind dort unrealistisch.
Es gibt jedoch eine Eisenbahninfrastruktur, die bis jetzt nicht wirklich umfassend gewürdigt wurde. Es handelt sich dabei um die südliche Ringbahn und die Stammbahn zwischen Schöneberg und Zehlendorf weiter nach Potsdam.
Nun wird sicherlich eingewandt werden, dass dort bereits Regionalbahnverkehr zumindest in einer groben Idee geplant wird. Der Bund plant die Strecke zwischen Potsdam über die Stammbahn nach Schöneberg über den Südring Richtung Ostkreuz zu bauen. Es handelt sich jedoch dabei bisher ausschließlich um Regionalverkehr, der faktisch aus Brandenburg nach Berlin hinein- und wieder hinausführt. Die Innerberliner Möglichkeiten eines Regionalverkehrs werden überhaupt nicht betrachtet.
Die Autoren schlagen daher vor, umfassend zu untersuchen, ob diese Trassen nicht ebenfalls für Innerberliner Schnellverkehre genutzt werden können. Dabei kann dass aus Paris bekannte Schnellbahnsystem der RER als Vorbild dienen.
Berlin sollten zeitnah Überlegungen beginnen, wie sie diese Strecken auch für innerstädtische Verkehre sinnvoll nutzen kann. Dabei ist es unstrittig, dass solche Verkehre auch ins Land Brandenburg führen können. Es erscheint uns jedoch hier wichtig, mit einem konkreten Berliner Linienvorschlag in die Offensive zu gehen, um Potentiale aufzuzeigen.
Wir haben in diesem Projekt diesem System den Namen „Express-Bahn“, abgekürzt mit E, gegeben.
Der Regionalverkehr in Brandenburg hat als Grundlage im Allgemeinen einen Stunden-Takt. Darauf aufbauend könnten im Stadtgebiet von Berlin diese Linien jeweils alle 30 min verkehren, in der Hauptverkehrszeit wird die Linie E1 verdichtet und fährt alle 15 min. In Summe überlagern sich somit acht Fahrten pro Stunde zu einem 7/8-Minuten-Takt. Für einen langfristig anzustrebenden 5-Minuten-Takt ist es notwendig zwei Linien aus dem Deutschlandtakt signifikant zu verlegen – was die Autoren dieser Studie sich nicht anmaßen wollen. Hier ist insbesondere der Systementscheid für die Nahverkehrstangente nochmals zu prüfen, da in der Variante „Regionalbahn“ eine Umlegung der konfligierenden Linien auf diese Strecke möglich wäre. Zudem müsste die Kreuzung westlich des Bahnhofs Berlin – Lichtenberg zwischen den Relationen Ostkreuz (oben) – Bhf Lichtenberg und Rummelsburg – Gesundbrunnen höhenfrei ausgebaut werden.
Diese Linien haben in unserem Papier die Arbeitstitel E1 bis E3 bekommen.
Linie E1
Karower Kreuz
Hohenschönhausen
Lichtenberg
Ostkreuz
Südring
Südkreuz
Steglitz
Zehlendorf
In Hohenschönhausen gab es immer wieder die Hoffnung, eine direkte U-Bahn-Linie zum Alexanderplatz zu bekommen. Die Autoren halten diese Planung in absehbarer Zeit für vollkommen unrealistisch und unfinanzierbar. Wir sehen allerdings Möglichkeiten, den Regionalverkehr zur besseren Anbindung von Hohenschönhausen in Richtung östliche und südliche Ringbahn zu nutzen, um dort bessere Anschlüsse Richtung Stadtzentrum zu ermöglichen. Darüber hinaus kann damit auch eine direkte Verbindung zum Südkreuz sowie Richtung Berliner Südwesten und Potsdam erreicht werden.
Die E1 schafft völlig neue und schnelle Verbindungen, ohne weiter auf eine unrealistische U-Bahn zu warten.
Im Bereich Südring zwischen Neukölln und Tempelhof muss näher untersucht werden, welcher Bahnhof ein geeigneter Halt ist. Würde der E 1 in Neukölln, Hermannstraße und Tempelhof halten, dann würde das die Reisegeschwindigkeit zu stark absenken. Daher muss dieser Bereich genauer wissenschaftlich untersucht werden.
Diese Linie kann flexibel verlängert werden. Die Autoren verwenden die Linie Lichtenberg – Südkreuz (oben) – Zehlendorf < Potsdam | Bad Belzig als Basis. Die Linie kann in Lichtenberg nach Werneuchen (nach Elektrifizierung) rückverlängert werden. Die Taktverdichterzüge verkehren nur bis Zehlendorf (kurzer Anschluss nach Potsdam/Michendorf) und bis Karower Kreuz anstelle von Werneuchen.
Linie E2
Spandau
Westkreuz
Südring
Schöneweide
Grünau
Bei dieser Linienführung liegen die Probleme deutlich grösser. Zum einen ist zu der Zeit völlig unklar, wann der Abschnitt zwischen Westkreuz und Südkreuz elektrifiziert werden kann. Darüber hinaus ist es deutlich schwieriger, sinnvolle Bahnhöfe zu definieren. Das liegt nicht nur daran, dass es dort viele Schnittpunkte zur U-Bahn gibt. Es ist auch nicht an jedem möglichen Bahnhof ausreichend Platz, um dort ohne größere städtebauliche Eingriffe noch Bahnsteige für den Regionalverkehr anzulegen. Daher haben wir in einem ersten Entwurf auf konkrete Orte für Bahnhöfe verzichtet. Es muss vertieft untersucht werden. Darüber hinaus gelten für den Abschnitt zwischen Südkreuz und Neukölln die gleichen Hinweise wie für die Linie E1.
Im Übrigen hatten wurde im U-Bahn-Bereich eine Verlängerung der U1 bis Halensee vorgeschlagen. Sollte es dort zu einer Verlängerung kommen, so wäre dort zum einen für einen Bahnhof Platz, darüber hinaus wäre dort auch eine spürbare Entlastung der Stadtbahn möglich.
Aufgrund der knappen Bahnsteigkapazitäten in Spandau empfiehlt sich eine Durchbindung über Staaken bis Wustermark.
Linie E3:
Mahlsdorf
Lichtenberg
Ostkreuz
Südkreuz (oben)
Westkreuz
Die Linie E3 verkehrt von Mahlsdorf über Lichtenberg, Südkreuz (oben) zu einem neu zubauenden Regionalbahnsteig am Berlin – Westkreuz (oben). Dazu werden Züge der ehemaligen Preußischen Ostbahn, die bisher am Bahnhof Ostkreuz enden, durchgebunden. Es entsteht somit nicht nur eine neue Relation innerhalb Berlins, sondern für Fahrgäste aus Polen auch ein direkter Umstieg auf den Fernverkehr am Bahnhof Südkreuz. Zudem wird auch durch den neuen Regionalhalt am Westkreuz die Möglichkeit für eine Entlastung der Stadtbahn geschaffen.